Whitehorse – Stewart Cassiar Highway – Hyder, AK – Prince George – Watson Lake – Bella Coola – Port Hardy / Vancouver Island
Vom 4. – 29. September 2022
In Whitehorse füllen wir Jupi mit allem auf, was nötig ist, d.h. Diesel, Gas, AdBlue, Wasser und Lebensmittel. Wie bisher überall im Nordwesten von Kanada ist auch hier das Trinkwasser vom Hahnen sehr gut, d.h. wir können kein Chlor herausschmecken (oder wir haben uns daran gewöhnt…). Wir haben deshalb aufgehört, Trink-Wasser in Plastikflaschen zu kaufen sondern füllen an den öffentlichen Wasserstellen unsere vorhandenen vier Liter Kanister ab. Im Osten Kanadas war das Trinkwasser stark chlorhaltig, deshalb haben wir es immer in vier Liter Bidons gekauft, hier im Westen wurde es dann extrem teuer, d.h. ein vier Liter Kanister kostete bis zu 14 Dollar. In vielen Läden im Süden Kanadas gibt es Wiederauffüll-Stationen, dort kostet der Liter zwischen 0.70 – 2 Dollar, doch am Schluss war auch das nicht mehr möglich, so dass wir das Hahnenwasser getestet haben und dabei positiv überrascht wurden. Vielleicht wäre es schon früher chlorärmer gewesen.
Dann geht es Richtung Süden los, unser Fernziel heisst Bella Coola an der Pazifik-Küste, rund 2’500km entfernt. Dort liegt nicht etwa der Geburts-Ort von Coca-Cola, sondern es gibt von dort eine spannende Fährüberfahrt nach Vancouver-Island, die durch Fjorde und einen Teil der Inlet-Passage führt, doch dies alles ist noch weit entfernt.
Wir fahren zuerst wieder auf den Alaska-Highway und befinden die knapp 400 km lange Strecke von Whitehorse bis kurz vor Watson-Lake als die beste Asphalt-Strasse, die wir bis jetzt in Kanada befahren haben: Es gibt kein einziges Schlagloch, keine Baustellen und kaum Verkehr. Aber leider auch keinen Handy-Empfang, da es keine Ortschaften gibt.
Polarlichter am Alaska-Highway
Wir fahren am 4. September noch rund 300 km auf dem Alaska-Highway in den Süden, für diese Region ist der Wetterbericht besser als für Whitehorse und irgendwann müssen wir ja in den Süden aufbrechen. Für heute Nacht sind noch einmal starke Polarlichter angekündigt, die möchten wir natürlich gerne wieder sehen. Zu Beginn der «Polarlicht-Show» hat es zwar noch einige Wolken, doch sie verziehen sich immer mehr. Wir merken allerdings gut, dass wir uns 300 km mehr im Süden befinden, die Polarlichter stehen heute viel tiefer als in Whitehorse und sind nur Richtung Norden zu sehen. Trotzdem, sie leuchten genau über Jupi, was ein paar ganz spezielle Bilder gibt.
Neben uns steht noch ein weiterer Camper, doch deren Insassen scheinen die Polarlichter nicht zu interessieren. Jemand schaut mal kurz raus, geht aber bald wieder rein und es wird dort weiter Musik gehört. Das stört uns nicht und wir haben so unseren Frieden, können Fotografieren, ohne dass uns jemand vor der Linse herumläuft.
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British Columbia
Am nächsten Morgen regnet es. Wir fahren nur noch ein kurzes Stück auf dem Alaska-Highway und biegen dann ca. 20 km vor der Ortschaft Watson Lake auf den Stewart-Cassiar Highway ab. Gleichzeitig verlassen wir damit auch das Yukon-Territorium, fahren wieder in die Provinz British Columbia, die westlichste Provinz Kanadas.
Mit über 920’000km2 ist British Columbia etwas grösser als Frankreich und Deutschland zusammen und hat dabei nur 5 Millionen Einwohner, der grösste Teil davon lebt im Südwesten, im Grossraum um Vancouver und der Hauptstadt Victoria auf Vancouver-Island.
Stewart-Cassiar Highway
Die 700 km lange Strasse ist schmäler als der Alaska-Highway, aber asphaltiert und meistens in einem perfekten Zustand. Gleich am Anfang werden wir bezüglich Waldbrand resp. Rauch gewarnt, doch ist das Feuer wahrscheinlich in der Nacht durch den Regen gelöscht worden.
Die eine Hälfte des Verkehrs besteht aus Wohnmobilisten, die andere Hälfte sind grosse Sattelschlepper, meist Road-Trains, d.h. Sattelschlepper XXL mit einem zweiten Anhänger. Normale Autos sehen wir nur wenige.
Wie eigentlich bis jetzt überall in Kanadas Nord-Westen gibt es entlang der Strasse absolut keinen Handy-Empfang. Was diesmal speziell ist, dass auch in den Ortschaften kein Handynetz existiert, d.h. auf einer Strecke von über 700km kein Empfang…
Wir fahren bis zum höchsten Punkt des Stewart-Cassiar Highway, der sich auf rund 1’200müM befindet. Dort finden wir an einem See ein schönes Plätzchen, perfekt für uns und ganz alleine. Als wir am Morgen erwachen, leuchtet der Himmel blau und an unseren Dachfenstern haften Eiskristalle, Frost. Das Aussenthermometer von unserem Bimobil zeigt +3°C an, doch es misst meistens einige Grad zu hoch. Wir entdecken darauf, dass es wohl in höheren Lagen geschneit haben muss, denn zwei Berggipfel sind weiss. Und auf dem See hat es Nebelschwaden, was sehr schön aussieht. Ich mache deshalb die Drohne flugbereit, ziehe mich warm an und gehe nach draussen.
An der Sonne ist es gar nicht so kalt wie erwartet und ich starte sofort die Drohne, denn der Nebel ist schon wieder am Verschwinden. Aber ein paar Bilder gelingen noch, Nebel aus Drohnenperspektive, das hatte ich noch nie. Darauf fliege ich wieder zurück, wechsle den Flugakku und starte erneut. Jetzt ist der Nebel weg und die Landschaft sieht ganz anders aus, strahlend blauer Himmel und die Farben von Wiesen und Bäumen schon leicht im gelb-bräunlichen, Herbst.
Unser nächster Programmpunkt heisst Haare schneiden. So alle vier bis fünf Wochen kürzt mir Bettina diese, heute ist es wieder einmal so weit und mein Pelz wird abrasiert. Wie immer geht es ruck zuck und die Arbeit ist erledigt. Als nächstes folgen 45 Minuten Fitnessprogramm, mittlerweilen haben wir verschiedenen Standard-Übungen die wir machen um den Kreislauf auf Trab zu bringen, dann noch etwas Seilspringen und am Schluss etwas rennen. Der Boiler ist in der Zwischenzeit heiss geworden, so können wir vor dem Frühstück duschen.
Wir fahren weiter Richtung Süden, wie vom Wetterbericht gemeldet ziehen immer mehr Wolken auf und es beginnt auch wieder zu regnen. Gemäss unserem Reiseführer wie auch einem Spezial-Heft über den Stewart-Cassiar Highway sollte hier eine der dichtesten Elchpopulationen Kanadas sein. Vielleicht sollte es auch einfach heissen, es gibt hier eine hohe Dichte von Elch-Warnschildern, denn natürlich sehen wir kein einziges dieser Tiere… Dafür innerhalb von etwa dreissig Minuten gleich vier Schwarz-Bären. Bei einem gelingen Bettina einige Bilder aus dem Beifahrersitz heraus obwohl es draussen regnet. Der Bär scheint einen Tanz aufzuführen, als er über die Strasse geht.
Springende Lachse
Ebenfalls an verschiedenen Orten haben wir gelesen, dass es hier eine Fischtreppe geben soll, wo Lachs hinaufschwimmt. Obwohl die Ortsbeschreibung nur vage ist, finden wir sie, doch wie in Whitehorse sieht man darin keine Lachse, weil nur der Eingang einsehbar ist. Es regnet in Strömen, den Lachsen scheint dies aber nichts auszumachen und wir sehen über ein Dutzend, die versuchen, eine Schwelle im Fluss hochzuspringen, wau, so genial. Jetzt fehlt nur noch der Bär, der oben wartet. Es ist uns aber zu nass zum Fotografieren und so übernachten wir in der Nähe und kommen am nächsten Morgen wieder.
Es regnet noch immer, doch Bettina hält schützend einen Schirm über meine Kamera. Es ist aber sehr schwierig, einen springenden Lachs im Flug zu erwischen, da ich nie genau weiss, wo genau er hochspringt. Ich mache gefühlt tausend Aufnahmen, bis ich einen erwische. Tatsächlich ist die Ausbeute aber etwas besser, denn auf den etwa 140 Aufnahmen habe ich sicher bei 15 einen Fisch drauf und etwa sechs Bilder sind wirklich gut, bei zwei hat es sogar gleich zwei springende Fische im Bild.
Stewart, BC und Hyder, AK
Danach fahren wir weiter und biegen vom Stewart-Cassiar Highway ab nach Stewart, das im Prinzip am Pazifik liegt. Im Prinzip, weil es sich am Ende eines rund 150 km langen Fjordes befindet, den Ozean sieht man da natürlich nicht. Als wir ankommen regnet es noch, doch wie in der Wettervorhersage angekündigt, hört es bald auf. Wir halten vor dem Visitor-Center und frühstücken, neben uns parkt ein Mercedes Sprinter mit BS-Nummernschilder, also Schweizer aus Basel-Stadt. Wir kommen bald miteinander ins Gespräch und nach etwa 45 Minuten treffen doch tatsächlich noch Peter und Brigitte ein, die wir in Dawson-City trafen, bevor sie auf den Dempster-Highway fuhren, was für eine Überraschung. So gibt es ein Schweizer Kränzchen, fast zwei Stunden lang. Die grosse Frage ist für alle: Wann verlassen wir Kanada und an welchem Grenzübergang gibt es die wenigsten Kontrollen resp. die längste Aufenthaltsgenehmigung in den USA. Wir hoffen ja sehr, dass wir dank unserem B2-Visa 12 Monate bleiben können, bevor wir die Vereinigten Staaten wieder verlassen müssen. Die richtige Antwort kennen wir alle nicht, wir werden es sehen.
Während wir die Nacht in Stewart verbringen, fahren die beiden andern Schweizer Fahrzeuge bereits nach Hyder, das in Alaska (AK) und damit in den USA liegt. Da es verkehrstechnisch eine Enklave ist, es gibt nur eine Strasse die von Kanada kommt und auch wieder nach Kanada führt, gibt es keinen amerikanischen Zoll, man kann frei einreisen, die Visa-Zeit startet nicht. Bei der Ausreise von Hyder, AK zurück nach Stewart wird man von den kanadischen Zollbehörden kontrolliert und wir müssen im Voraus die App ArriveCan für den Zoll ausfüllen.
Für uns gibt es zwei Gründe, warum wir diesen Ort in Alaska anfahren: Es existiert am Ufer des Salmon-River (Lachs-Fluss) ein Steg, wo man den Bären beim Lachse fangen zuschauen kann und weiter oben, schon wieder auf kanadischem Territorium, gibt es den Salmon-Glacier (Lachs-Gletscher), ein grosser Gletscher, der sich nach einigen Kilometern in zwei Richtungen verzweigt, was wir so noch nie gesehen haben. Das Tal heisst übrigens Salmon-River Valley, also Tal des Lachs-Flusses…
Für den Beobachtungssteg bei der Fish Creek Wildlife Observation Site braucht man ein Eintrittsticket, das man nur Online kaufen kann. Ein Tag kostet 5 Dollar, 3 Tage 10 Dollar. Bettina und ich buchen natürlich einen Dreitages-Pass um wirklich Zeit zu haben und es lohnt sich, es ist fantastisch.
Laichende Lachse
Obwohl wir gelesen haben, dass die Hochsaison Mitte August sein soll, hat es zu unserer Freude jetzt vom 8. – 11. September immer noch sehr viele Lachse, hunderte wenn nicht noch mehr schwimmen hier im Bach, schlagen mit der Heckflosse Duhlen in den Boden und legen dann ihren Laich, der gleich von einem (oder mehreren) Männchen begattet wird. Einmal können wir es direkt sehen, wie die Männchen ihre Spermien ablegen und sich dann hinter ihnen eine weisse Wolke bildet. Einmal sehen wir auch Eier frei im Wasser herumliegen.
Mit Hilfe des Polarisationsfilters (Polfilter) kann ich die Spiegelungen auf dem Wasser reduzieren, so dass man die Lachse im Wasser besser sieht.
Nach dem Laichen sterben die Lachse und man sieht sie überall tot herum liegen, kein schöner Anblick aber das ist die Natur. Sie werden von den Möwen aber auch von den Bären gefressen und dienen auch als Dünger für die Natur, entlang des Baches wachsen sehr grosse Bäume.
Grizzlys auf Lachsjagd
Der Höhepunkt sind natürlich die Grizzlys. Wir sehen immer wieder die drei gleichen Grizzly, am meisten ein brauner mit einer schwarzen Linie auf dem Rücken. Für die anwesenden Ranger heisst er Runner. Bis auf einmal sind die Grizzlys nur einzeln zu sehen. Einmal sind für kurze Zeit zwei zusammen, wobei dabei der jüngere (Runner) schnell «Schiss» bekommt und davon rennt. Wir können den Bären vom Zuschauer-Steg sozusagen über die Schulter schauen wie sie jagen, d.h. wie sie den Lachsen hinterher rennen. Von Auge sieht man den Lachs fast nicht, doch auf den Fotos sind sie ein paar Mal zu sehen, wie sie vor den Bären zu fliehen versuchen. So etwas haben wir bisher auf unserer Reise noch nicht gesehen, wirklich einmalig.
Besonders am Morgen zwischen 7:30 und 10 Uhr sowie am frühen Abend zwischen 18 und 20 Uhr sind die Bären jeweils aktiv, dies wurde uns im Voraus auch so erzählt und wir können dies bestätigen.
Bettina hat mit dem Handy von einer Lachs-Jagd noch ein Video gemacht, das wir euch nicht vorenthalten wollen:
Obwohl es vielleicht auf den Bildern und dem Video wie im Zoo aussieht, ist dies hier freie Natur. Auf dem Zuschauersteg sind immer zwei Ranger/innen anwesend und insbesondere wenn Bären da sind, sind diese teilweise extrem nervös, haben den Bärenspray immer griffbereit in der Hand. Läuft ein Bär unter dem Zuschauersteg durch, durfte man nicht über das Geländer hangen. Zum weiter entfernten Parkplatz durften wir meistens nicht alleine gehen sondern nur in Begleitung eines Rangers.
Spezielle Situationen
Einmal am Abend als es immer dunkler wird, wohl schon gegen 20 Uhr, versuche ich die Nebelstimmung über einem Weiher zu fotografieren. Plötzlich steht weit hinten ein Bär auf einem umgestürzten Baum, ein sehr mystisches Bild.
Ein anderes Mal sehen wir Runner fast etwas torkeln, es scheint ihm nicht so gut zu gehen und er muss erbrechen. Ob er einen schlechten Lachs gefressen hat? Er schaut die herumliegenden Lachse ganz entgeistert an und legt sich hin. Nach einiger Zeit scheint das Leben aber wieder zurück zu kehren, wie ein Geniesser legt er sich auf den Rücken und kratzt sich am Bauch…
Immer wieder fällt uns auf, dass Runner nach fast jedem Lachs Gras oder spezielle Kräuter frisst. Ob er einen empfindlichen Magen hat? Bei den andern Bären sehen wir dieses Verhalten nicht.
Nach so vielen wunderbaren Bären-Bildern in der freien Natur und verschiedenen Lichtstimmungen können wir uns fast nicht mehr vorstellen, Bären beim simplen Überqueren einer Asphaltstrasse zu fotografieren…
Salmon-Gletscher
Bereits am ersten Tag ist das Wetter gut und wir fahren nach 10 Uhr zum Salmon-Gletscher hoch. Die Kiespiste ist am Anfang in einem perfekten Zustand, bekommt dann aber immer mehr Schlaglöcher. Wir brauchen fast 1.5 Stunden für die knapp 30 Kilometer.
Obwohl es etwas bewölkt ist, haben wir oben eine wunderbare Sicht und die Temperaturen sind sehr mild.
Für die Runterfahrt brauchen wir dann nur noch knapp eine Stunde, es scheint uns weniger Schlaglöcher zu haben. Peter und Brigitte fahren nach dem zweiten Morgen weiter, wir bleiben und kommen am Abend wieder zu den Bären. Dabei kommen wir mit Stefanie und Tinu ins Gespräch, die aus Burgdorf kommen und zwei Monate mit einem Mietcamper unterwegs sind. Wir übernachten dann am gleichen Ort und verbringen einen interessanten Abend zusammen, haben sie doch in den letzten sechs Wochen auch sehr viel erlebt.
Während wir die App iOverlander für das Suchen von Übernachtungsplätzen erwähnen, erzählen die beiden, dass sie sehr oft auf sogenannten Recreation Sites übernachten, eine Art einfache Camping- oder Stellplätze, aber oft mit Tischen, Feuerstellen und WC-Häuschen und dabei immer gratis. Das ist für uns neu und wir finden heraus, dass diese im iOverlander mit dem Symbol Campingplatz versehen sind, welche wir meist nicht anschauen. Wieder etwas gelernt, merci vielmals.
Weisskopfseeadler
Von unseren früheren Aufenthalten in Alaska waren wir uns gewohnt, immer auch Weisskopfseeadler zu sehen, wenn Bären auf Lachsjagd waren. Hier sehen wir nur einmal kurz einen beim Wegfliegen, wahrscheinlich ist es an diesem Ort zu eng. Deshalb gehen wir am zweiten Tag nach der «Morgen-Show» an die Mündung des Salmon-Rivers, also dort wo er in den Fjord fliesst. Und tatsächlich, wir können über hundert (100) Weisskopfseeadler beobachten, meistens fliegen sie in Gruppen, viele davon Jungvögel. Die meisten sind viel zu weit weg, doch wir setzen uns auf einen umgefallenen Baumstamm und warten, unsere Kameras schussbereit. Und wir haben Glück, mehrmals kommen welche vorbei oder landen und starten von Bäumen in der Nähe.
Nach dem dritten Morgen fahren wir wieder zurück nach Kanada, die ArriveCan-App haben wir ausgefüllt und können die Grenze problemlos passieren. Einen neuen Einreisestempel in den Pass gibt es nicht. Wir fahren wieder zurück zum Cassiar-Stewart Highway und können dieses Mal noch den Bärengletscher bewundern, der bei der Hinfahrt noch unter dem Regen lag.
Grosse Holzschnitzereien
Ganz am Ende des Stewart-Cassiar Highway, in den Ortschaften Gitanyow und Kitwanga gibt es Totempfähle der First Nations, also der Ureinwohner von Kanada zu sehen. Es sind eindrückliche Holzschnitzereien, die hier in Reih und Glied stehen. Diese in einen Holzstamm geschnitzten Figuren sind keine religiösen Zeichen, sondern, wie wir vor Ort lesen, definiert ein Totempfahl den sozialen Status der Familie, zu der er gehört.
Und wir entdecken auch Stefanie und Tinu wieder, auch sie sind hier am Fotografieren.
Zivilisation
Wir fahren auf dem Yellowhead Highway weiter südwärts. So ab der Ortschaft Smithers fühlen wir uns wieder langsam in der Zivilisation zurück: Der Wald hat immer wieder Lücken und es gibt wieder Wiesen mit Kühen drauf, auch einige Getreide- und Maisfelder entdecken wir. Und der Handy-Empfang ist jetzt vermehrt auch entlang der Strasse wieder vorhanden, nicht nur in den grossen Ortschaften. Und in Smithers finden wir in einem Supermarkt wieder gutes Brot, nicht nur weiches Toastbrot.
Kleine Holzschnitzereien
Im Städtchen Prince George stehen wir am Fluss Nechako-River, gerade bevor er in den grösseren Fraser River mündet. Hier entdeckt Bettina beim Joggen kleine Schnitzereien, die ein Künstler namens Elmer Gunderson in den Jahren 2016 und 2017 in die Rinde von Bäumen geschnitzt hat. Weder in unserem Führer noch auf den von uns besuchten Internet-Seiten haben wir im Vorab darüber etwas gesehen. Nach der Entdeckung fanden wir aber sehr wohl Infos darüber im Netz. Und als wir am Abend zum Fotografieren nochmals hinspazieren, entdecken wir noch eine wunderschöne Raupe, aus der einmal eine Motte wird.
Richtung Süden und Astrofotografie
In Prince George entscheiden wir uns definitiv für die zehnstündige Fährfahrt von Bella Coola nach Port Hardy auf Vancouver Island. Allerdings ist die Fähre für das nächstmögliche Datum, den 23. September, bereits voll, deshalb buchen wir den 27. September, obwohl der Wetterbericht noch sehr vage ist und eher schlechtes, nasses Wetter verspricht. Doch wir haben hier im Westen Kanadas schon mehrmals die Erfahrung gemacht, dass die Wettervorhersagen meist sehr pessimistisch sind und es dann doch schöner wird.
Bis zur Fährfahrt dauert es noch 12 Tage, deshalb stellt sich für uns die Frage, was wir in der Zwischenzeit machen. Im aktuellen Wetterbericht sehen wir, dass es im Süden schöneres Wetter gibt, deshalb heisst unser Fernziel Whistler, sowie die Whistler Mountains, wo auch Weltcupskirennen stattfinden. Allerdings möchten wir auch noch etwas den Himmel fotografieren, kommen wir doch durch in eine sehr dunkle Zone.
Wir fahren dabei mehrmals nach dem Tipp von Stefanie und Tinu Recreations-Sites an und sind begeistert. Den besten Platz finden wir etwas südlich von Cache Creek, hier scheint es trockener zu sein, als im bisher von uns besuchten Teil von British Columbia. Auch in unserem Führer steht, dass die Region östlich von Cache Creek zu den trockensten in Westkanada gehört.
Die Beaverdam Recreation Area liegt auf rund 1100müM, hat nur wenig Bäume und wir haben freie Sicht in den Himmel und weite Teile des Horizonts. Und als Zugabe haben wir hier sogar Handy-Empfang.
Wir bleiben mehrere Nächte hier und testen unsere Reise-Astro-Ausrüstung ausführlich an den Sternen. Bisher haben wir damit «nur» die Milchstrasse fotografiert, jetzt in der kühlen Jahreszeit mit den langen Nächten möchten wir auch galaktische Nebel fotografieren, die man von Auge überhaupt nicht sieht. Wir testen dabei unsere kleine Astro-Montierung, die unsere Kamera den Sternen nachführt, damit diese Punkte bleiben und es keine Strichspuren gibt. Dabei stellen wir fest, dass wohl alle 9 Minuten ein Fehler vorhanden ist, was wir tagsdrauf im Internet bestätigt finden. Bei einer Belichtungszeit von drei Minuten ist dabei jedes dritte Bild unbrauchbar. Auch eine spezielle Software zur Bearbeitung der Astro-Bilder namens PixInsight installiere ich. Bisher hatte ich dieses Programm nur auf dem Desktop-Rechner laufen gelassen, jetzt muss unser Laptop zeigen, was es kann (Dell XPS13 von 2019): Es ist zwar einiges langsamer aber genügend stabil, d.h. hängt sich nie auf und stürzt auch nie ab.
Unsere Tests sind erfolgreich und ein Summenbild aus nur neun Einzelbildern und damit 27 Minuten Gesamtbelichtungszeit gefällt uns sehr gut.
Nach diesem Erfolg fahren wir weiter Richtung Whistler. Doch nach etwa 250 km kommen wir an einem Waldbrand in der Nähe der Strasse vorbei, was uns gar nicht geheuer ist. Was wenn uns dieser plötzlich den Rückweg blockiert und wir deswegen die Fähre verpassen? Auf der Waldbrandseite im Internet sehen wir, dass in British Columbia zur Zeit über 150 Waldbrände aufgeführt sind, dieser hier fehlt noch, scheint ganz neu zu sein. Es gibt auch keine Feuerwehr oder Löschflugzeuge/-Helikopter.
Deshalb kehren wir wieder um und fahren erneut zur Beaverdam Recreation Area, wo wir weitere Tage verbringen, weitere Astroaufnahmen machen, dieses Mal 69 gute Bilder haben, d.h. über 3 Stunden Belichtungszeit. Weiter entdecken wir auch, dass man hier sehr schöne Spaziergänge unternehmen kann. Ein genialer Ort für uns.
Das Astrobild mit den 69 Einzelbilder bin ich übrigens immer noch am Bearbeiten, das ist nicht ganz so einfach…
Nach Bella Coola via Farwell Canyon
Dann wird es Zeit um uns auf den Weg zu unserer Fähre in Bella Coola zu machen, über 600 km. In Williams Lake können wir noch einmal für ca. CHF 1.35 sehr günstig Diesel tanken und kaufen auch noch genügend Lebensmittel für die nächsten Tage ein.
Unser erster Stopp ist der Farwell Canyon, etwas abseits von der Hauptroute und natürlich nur über eine Naturstrasse zu erreichen. Aber der Abstecher über die Holperstrasse lohnt sich, der Fluss namens Chilcotin River macht dort in einer Schlucht ein paar schöne Kurven und es gibt einen Wanderweg, wo man die ganze Szenerie von oben beobachten kann. Wir hatten die Drohne dabei und so kriegt man einen wunderbaren Überblick der ganzen Szenerie.
Am Fluss unten fanden wir dann einen guten ruhigen Übernachtungsplatz.
The Hill – Heckman Pass
Am nächsten Morgen fahren wir zeitig los, haben wir doch eine längere Strecke vor uns inkl. der Passfahrt über den Heckman Pass, von den Einheimischen auch einfach «The Hill», der Hügel, genannt. Zuerst fahren wir durch herbstlich gefärbte Landschaften und lassen wieder einmal unsere Drohne steigen. Dabei entdecken wir ganz in der Nähe ein Solarkraftwerk.
Mit einer Höhe von 1’524 müM ist der Heckman Pass nicht gerade hoch, von Norden her ist die Steigung sanft. Die Fahrt runter ins Tal Richtung Bella Coola auf Meereshöhe ist dann aber bis zu 18% steil und vernichtet auf wenigen Kilometer die ganze Höhe. Die Passstrecke von ca. 40 km ist eine Schotterstrasse und teilweise mit ziemlichen Schlaglöchern versehen, aber es lohnt sich. Der sonstige Highway 20, der über 457 km von Williams Lake nach Bella Coola führt, ist asphaltiert, Handyempfang gibt es allerdings nur am Anfang (Williams Lake) und gegen Schluss wieder (ab Hagensborg).
Bis 1957 endete übrigens der Highway vor dem Heckman Pass, denn dieser wurde von der Provinzregierung als zu schwierig für eine Strasse beurteilt. 1957 ergriffen die Einheimischen die Initiative und bauten die Passstrasse in Eigenregie, wurden dann am Schluss auch von der Provinzregierung unterstützt.
Mit unserer Navigations-App LocusMap haben wir grosse Mühe über den Pass eine Route zu generieren, weil hier anscheinend eine geschlossene Barriere vorhanden sein soll. Wie wir nun aber sehen, ist es eine ganz «normale» Barriere, wie es sie an vielen Pässen gibt und die nur bei besonderen Ereignissen wie Bergstürzen etc. geschlossen wird. In Openstreetmap habe ich nun die Barriere auf «geöffnet» gestellt.
Belarko Bären-Plattform
Am Talfuss gibt es einen Bärenbeobachtungssteg, die Belarko Wildlife Viewing Platform. Verglichen mit Hyder, AK ist es hier recht eng und hat doch relativ viele Leute, sogar ein Car mit Studenten kommt. Wir kommen mit vielen Leuten ins Gespräch und sehen an den zwei Tagen auch mehrmals Bären, doch waren sie uns zu weit weg für gute Bilder. Auch öffnet die Plattform erst um 8 Uhr, aus unserer Erfahrung von Fish Creek in Hyder, AK sehr spät. Später erfuhren wir, dass man beim Fisheries Pool Campground noch bessere Beobachtungsmöglichkeiten hätte. Wir fahren noch vorbei, doch es ist schon nach 10 Uhr, da ist nicht mehr viel los. Aber wir haben in Hyder so gute Beobachtungen gehabt, da wollen wir uns nicht beklagen.
Grosse Zedern von Bella Coola
Wir fahren weiter in die Region der Ortschaft Bella Coola. Hier besuchen wir im Hinterland einen Wanderweg in einem Gebiet mit vielen speziell geformten Bäumen, oft um Felsen herum, wunderschön.
Dann gibt es einen weiteren Wanderweg, der durch einen Wald mit grossen Zedern führt, für uns sehr eindrücklich. Die ganz grossen Bäume sollen über 1000 Jahre alt sein.
An einem unserer Übernachtungsplätze fliegen immer wieder Weisskopfseeadler vorbei. Als wir dem Bach entlang einen Spaziergang unternehmen, finden wir frische Bärenspuren im Sand, vom Bär sehen wir allerdings nichts. Trotzdem sind wir froh, den Bärenspray immer dabei zu haben.
Fährpassage von Bella Coola nach Port Hardy auf Vancouver Island
Um fünf Uhr in der früh müssen wir aufstehen, von halb sechs bis sechs Uhr ist vor dem Co-op das Check-In. Danach geht es auf die Fähre namens Northern Sea Wolf, die vor einigen Jahren in Griechenland gekauft wurde und Platz für rund 30 Fahrzeuge bietet. Zuerst werden die Camper reingelassen, im Bauch der Fähre müssen wir kehren und parkieren dann zuhinterst, mit unserem Bug gegen das Heck der Fähre. Damit haben wir das Festland von Kanada nach rund fünf Monaten zum ersten Mal verlassen.
Die Stimmung an Bord so früh am Morgen ist wunderbar, die Sonne befindet sich noch hinter den Bergen und das erste Morgenrot leuchtet am Horizont.
Auf der Fährfahrt kommen wir mit vielen Leuten ins Gespräch resp. einige kommen auf uns zu und fragen, ob wir die Schweizer seien, die mit dem eigenen Fahrzeug hierhin gekommen sind. Nach dem gefühlt hundertsten Mal erzähle ich dann einmal, dass wir unseren Camper in der Schweiz auseinandergenommen und in Koffern verpackte hätten. Es ist aber jemand, mit dem wir vorher schon ein paar Witze gemacht hatten… Das Fahrzeug wiegt leer rund 3200kg, eine Koffer kann mit 32 kg beladen werden, gäbe also 100 Koffern…
Ein Schweizer Ehepaar aus dem Oberaargau haben wir schon an der Bärenplattform nach dem Heckman Pass getroffen und haben auch mit ihnen immer wieder interessante Diskussionen, es ist sehr kurzweilig.
Der Kapitän kündigt über Lautsprecher immer an, wenn er eine Kursänderung im verzweigten Fjord macht oder auch, dass es demnächst möglich sei, dass wir Wale sehen könnten. Und so kommt es, dass wir meistens draussen an Deck sind und tatsächlich Delphine und zwei Mal Wale sichten, so genial.
Dann kündet der Kapitän an, dass wir in den Nebel reinfahren werden und er nun alle zwei Minuten das Nebelhorn betätigen müsse, was draussen sehr laut sei… So verbrachten wir dann rund eine Stunde im dicken Nebel, sahen manchmal fast nichts und manchmal etwas mehr. Einmal hatten wir eine sehr interessante Lichtstimmung, so dass jeder an der Reling stehende einen «Heiligenschein» bekam, aber dabei immer nur sich sah. Darum herum gab es dann noch einen grossen Schein. Jetzt wissen wir jedenfalls, wie ein solcher Heiligenschein zustande kommt.
Dazu kam nun auch noch die Dünung des Pazifiks rein, eher unangenehm, ein Passagier musste dabei den Krähenblues singen (erbrechen), kotzte dabei eine Etage tiefer wo unten für das Hafenmanöver normalerweise der Steuermann steht…
Interessant ist noch, dass wir draussen vor dem Fjord wieder Handy-Empfang haben und dabei Bilder von unseren Kollegen von D-Hai (so ihr Fahrzeugname) erhalten, die ebenfalls mit ihrem Camper auf einer Fähre unterwegs sind, allerdings von Alaska nach Seattle. Sie fahren rund eine Stunde früher bei Port Hardy / Vancouver Island vorbei, als wir hierhin kommen, knapp verpasst.
Kurz vor der Einfahrt nach Port Hardy sehen wir mehrmals Robben auf dem Rücken im Wasser liegen, als würden sie die letzten Sonnenstrahlen des Tages geniessen. Und dann drehen wir in den Hafen rein, machen die letzten Bilder und schon sind wir auf Vancouver Island.
Unsere Route
Im folgenden unsere Route auf der Karte, die wir mit Jupi während dieses Bericht-Zeitraums gefahren sind. Jupi sendet alle 15 Minuten seine Position via Spot Satelliten-Tracker an uns, deshalb folgt die Route nicht genau der Strasse, sondern macht etwas «Abkürzungen».
Die aktuelle Position von Jupi, wie auch die gesamte Route unserer Nordamerika-Reise seit dem 26. Mai 2022, ist auf dieser Seite zu finden: https://www.jupi.bvision.ch/jupispot/