Süd-Kalifornien anfangs Januar
2. – 20. Januar 2023
Am 2. Januar überqueren wir den Colorado-River in Yuma, welcher der Grenzfluss der Bundesstaaten Arizona und Kalifornien bildet. Damit verlassen wir nach fast zwei Monaten Arizona, es hat uns sehr gut gefallen, wir kommen wieder.
Kurz nach der Brücke gibt es eine Art Zoll für landwirtschaftliche Produkte, allerdings ist er geschlossen und wir können durchfahren. Was es bei der Einreise nach Kalifornien genau für Vorschriften gäbe, ist uns nicht klar.
Imperial Sanddünen
Während die wenigen Sanddünen in Europa gehegt und gepflegt werden, sie meistens unter Naturschutz stehen und man sie nur an wenigen Stellen zu Fuss betreten darf, sind sie hier in den USA ein riesiger Spielplatz für die Erwachsenen so nach dem Motto:
«Warum zu Fuss gehen, wenn der Mensch das Rad (und den Motor) erfunden hat.»
Die grossartige Dünenlandschaft, ca. 70 km x 9 km in den Abmessungen, ist an den meisten Orten frei zugänglich und wird als Piste für alle Arten von Offroadfahrzeugen genutzt, vorallem grössere Quads, hier auch Off Highway Vehicle (OHV) genannt, d.h. nicht für den Strassenverkehr zugelassene Fahrzeuge. Wir fahren auf der parallel zur Düne führenden Piste, die manchmal auch etwas sandig und weich ist, meistens aber sehr holprig, so dass seit langem wieder einmal die obere Matratze vom Bett runter fällt. Fast 40 km führt diese Sandpiste entlang der Dünen und wir suchen gute Fotospots, denn die Ansicht aus der Drohne, d.h. von oben, gefällt uns auch hier sehr.
(wie immer: auf Bild klicken, damit es in voller Qualität und Grösse angezeigt wird)
Wir kommen mit verschiedenen Leuten ins Gespräch und werden mit unseren FR-Nummernschildern wieder einmal als Franzosen identifiziert… Am Schluss kommt ein jüngeres Pärchen aus Australien, er arbeitet zur Zeit in British Columbia, Kanada. Wenn sie wieder zurück in Australien seien, wollen sie auch einen Sprinter kaufen, ob sie mal reinschauen dürften. So haben wir ein längeres Gespräch mit den beiden über unsere Traumdestination Australien.
Stärke von Lokomotiven Amerika vs. Kanada
Gleich neben der Holperpiste führen auch Bahngleise durch und mehrere Güterzüge fahren darüber. Während wir in Kanada vor Güterzügen vorne maximal 3 Lokomotiven sahen, haben die Amerikaner hier bis zu neun (in Zahlen 9) Lokomotiven! Die Kanadier hatten dann noch in der Mitte eine oder zwei, hier in den USA sehen wir das fast nie. Trotzdem waren die kanadischen Güterzüge immer viel länger, meistens über 100 Wagons, während die Amerikaner kaum über 70 kommen. Ob die amerikanischen Lokomotiven so viel schwächer sind, dass es so viele davon braucht?
Auf jeden Fall bin ich mit der Drohne gerade in der Luft, als zwei Güterzüge vorbeikommen und sich kreuzen. Leider sind es keine sehr langen Züge mit neun Lokomotiven, aber die Zugslänge ist für Schweizer Verhältnisse trotzdem beeindruckend.
Painted Gorge in den Carizzo Mountains
Wir übernachten abseits der Dünen und fahren am nächsten Morgen weiter zu den farbigen Bergen in den Carizzo Mountains. Der Highway zur Anfahrt in die «Painted Gorge», die angemalte Schlucht, ist in einem miserablen Zustand. Es wimmelt von Löchern und Rissen im Teer, so schlechte Asphalt-Strassen hatten wir noch nie in den USA, erinnert uns an Kasachstan… Auch die anschliessende Naturstrasse durch die Berge, die Painted Gorge – Road, ist nicht ganz ohne: Teilweise ist sie sehr sandig sowie weich und dann wieder so ausgewaschen, dass Jupi mit einem Rad ziemlich hoch in die Luft ragt. Der Federweg unseres Mercedes Sprinter ist nur sehr kurz, nicht für stark unebenes Gelände (Buckelpiste) geeignet, zusammen mit dem starren Chassis lässt das kaum Verschränkung zu. Unimog-Fahrer haben dafür natürlich nur ein müdes Lächeln übrig, das ist ihr Terrain…
Da es aber weder steil noch besonders schräg ist, besteht keine Gefahr, wenn Jupi mal ein Bein – öh Rad – in der Luft hat.
Am Ende der Strasse angekommen, haben wir ein fantastisches Panorama: Einmal sind die Berge rot, dann wieder gelb oder grünlich, einmalig. Natürlich kommt auch unsere Drohne wieder zum Einsatz.
Bei der Rückfahrt nehmen wir eine etwas andere Route, Jupi bleibt dabei immer mit allen Rädern am Boden. Doch für die Weiterfahrt über den Highway haben wir ein Problem: Auf dem miserablen Highway scheint eine Brücke in dermassen schlechtem Zustand zu sein, dass sie für den Verkehr gesperrt wurde. Wir müssten nun einen grösseren Umweg fahren (20 km oder mehr) oder dann eine weiche und unbefestigte Sandpiste von etwa einem Kilometer Länge nehmen. Wir entscheiden uns für die weiche Sandpiste und kommen dank 4×4 und mit viel Schwung durch die etwa drei tiefen Passagen gut durch. Gut, es wäre noch besser gegangen, wenn wir den Luftdruck reduziert hätten, doch dazu waren wir zu faul, es war ja nur 1 km… Und wir hätten ja immer noch unsere Sandbleche gehabt… Unterwegs fuhren wir an zwei Motorradfahrern vorbei, die wohl dachten wir würden stecken bleiben, doch diesen Gefallen taten wir ihnen nicht.
Wir fahren immer noch in der Sonora-Wüste, kommen aber näher an die Pazifik-Küste und die Wüste wird immer grüner. Gemäss Wikipedia fallen in diesem Teil der Sonora-Wüste bis zu 500 mm Regen pro Jahr und es ist damit die feuchteste Wüste der Welt, dass es auch die grünste Wüste der Welt ist, haben wir bereits gewusst. Neben vielen grünen Gebüschen und einigen Kakteen hat es immer wieder violette Blumen.
Goldfund und Palmen
Dann finde ich plötzlich Gold, viele kleine Goldkügelchen, die sich im Felsen und Steinen verstecken:
Sind wir jetzt reich, haben wir ausgesorgt? Doch Bettina lacht mich aus und erklärt, dass dies nur Glimmerstücke sind. Dabei war ich mir doch ganz sicher…
Dann schauen wir uns halt die Palmen in der Wüste etwas genauer an: Es muss hier eine Art Oase geben, welche diese mit Wasser versorgt, sehen tun wir nichts, aber Oasen werden ja meistens von unten mit Wasser versorgt. Interessant ist auch, dass die verdörrten Blätter nicht bei allen Bäumen abfallen und man deshalb den Stamm bei diesen Palmen gar nicht sieht.
San Diego
Wir verlassen die Wüste und fahren weiter an den Pazifik, ganz in den Südwesten der USA, nach San Diego. Locus Map führt uns diesmal sicher durch das Gewusel dieser Millionenstadt und ohne einen «Verfahrer» gelangen wir an unser erstes Ziel: Ein State Park direkt an der Grenze zu Mexiko, wo wir für zwei Nächte einen Campingplatz buchen. Es hat hier die letzten Tage ziemlich geregnet, so dass die Anfahrt bereits durch grössere Pfützen führte, doch leider sind auch die Fusswege zum Pazifik überschwemmt, wir kommen nicht weit und haben keine Stiefel dabei.
An Bord der USS Midway
In San Diego wollen wir den Flugzeugträger USS Midway besuchen. Er stand von 1945 bis 1992 im aktiven Einsatz, hatte also am Anfang noch Propellerflugzeuge an Bord, wurde dann laufend um- und aufgerüstet, auch mit Dampfkatapulten, so dass am Schluss auch die F/A-18 Hornet darauf starten und landen konnten. So ein Flugzeugträger ist eine kleine Stadt, 4’000 Personen arbeiteten und lebten auf diesem Exemplar, der Chef war ein Admiral. Es gibt diverse Küchen, auch ein Spital, eine Wäscherei etc.
Das Schiff hat eine Länge von 303m, einen Tiefgang von 10.9 m, die grösste Breite beträgt 75.5 m und das Gewicht (die Verdrängung) 64’200 Tonnen. Die Leistung der Motoren betrug 212’000 PS, damit erreichten sie eine maximale Geschwindigkeit von 33 Knoten (61 km/h).
Am Eingang erhalten wir einen Audioguide, d.h. ein kleines Gerät, den wir an den verschiedenen Orten auf dem Flugzeugorten immer an die gelben Punkte halten können, dann erhalten wir eine Erklärung (in deutsch) dazu, super.
Kriegs-Schiffe aller Arten
San Diego ist eine riesige Marinebasis, wir sehen neben «unserem» Museums-Flugzeugträger zwei aktive Flugzeugträger der Navy, d.h. solche mit Atomantrieb, auf einem steht ganz einsam eine F/A-18. Beide Träger werden aktuell modernisiert, damit die neuen F-35C Lightning II darauf starten und landen können.
Weiter entdecken wir noch zwei kleinere Flugzeugträger der Marines, ein sogenanntes amphibisches Angriffsschiff. Auf solchen Typen sind neben Helikoptern auch Senkrechtstarter wie der AV-8B Harrier 2 oder neuerdings der F-35B Lightning II stationiert. Auch ein riesiges weisses Spitalschiff mit rotem Kreuz entdecken wir.
Hornblower
Auf dem Weg zum Flugzeugträger kommen wir an Booten vorbei, die Hornblower heissen und die Hafenrundfahrten anbieten. Hornblower ist der Seeheld einer britischen Romanserie aus der Zeit von Lord Nelson. Ich bin ein grosser Fan davon und habe die Bücher schon mehrmals gelesen, habe sie auch jetzt in elektronischer Form dabei.
Daneben sehen wir aber auch zwei riesige Kreuzfahrtschiffe, bei einem stehen die Passagiere gerade zum Einchecken an, während am Boot aussen noch die letzten Verschönerungen angebracht werden.
Auch sonst sehen wir viele Segelyachten, mehr als Motorboote. Hier in San Diego wurde in den Jahren 1988, 1992 und 1985 auch schon drei Mal der berühmte America’s-Cup durchgeführt, 1988 mit Dennis Conner als Skipper.
Sky-Line von San Diego in der blauen Stunde
Leider ist es schwierig in der Nähe des Flugzeugträgers längere Zeit zu parkieren, wir finden nur einen Parkplatz für 4 Stunden. Wir nutzen dies maximal aus, d.h. sind knapp 4 Stunden auf der USS Midway, danach fahren wir auf die Halbinsel Point Loma raus und bestaunen den Pazifik. Die Sicht ist zwar etwas diesig, aber es gefällt uns sehr, so dass wir beschliessen, bis nach Sonnenuntergang hier zu bleiben und noch ein paar Bilder während der blauen Stunden zu machen. Und zu unserer Überraschung fährt dann auch noch gerade ein Kreuzfahrtschiff vorbei.
Monarch-Falter im Pismo State Beach: Monarch Butterfly Grove
Nach San Diego fahren wir rund 500 km entlang der Pazifik-Küste nordwärts. Wir benutzen den Freeway I-5, eine Autobahn die von San-Diego nach Los Angeles und dann weiter nach San Francisco führt. Zwischen San Diego und Los Angeles hat sie immer mindestens 4 Spuren pro Richtung, manchmal bis zu 8. Man muss aber sehr aufpassen, dass man nicht plötzlich die Autobahn ungewollt verlässt, so fuhren wir meistens in der Mitte.
Zu unserer Überraschung sehen wir mehrmals auch Velofahrer auf dem Pannenstreifen, was auf gewissen Abschnitten tatsächlich erlaubt ist.
Unser Ziel sind die westlichen Monarch-Falter, das sind die schönen und grossen rot-orangen Schmetterlinge, die in einigen Bäumen in der Ortschaft Pismo-Beach überwintern. Die westlichen Monarch-Falter haben ihr Habitat im Sommer zwischen Pazifik und den Rocky-Mountains, bis hoch nach Kanada. Doch über den Winter ziehen sie alle an einen Küstenstreifen um Pismo-Beach herum, hier scheint es ein optimales Mikroklima für sie zu geben.
Es gibt auch noch den östlichen Monarch-Falter, der sich im Sommer zwischen Atlantik und den Rocky Mountains aufhält, ebenfalls hoch bis nach Kanada und der im Winter dann noch weiter südwärts fliegt, nämlich bis ins Hochland von Mexiko. Von diesen habe ich in Foto-Zeitschriften schon mehrmals Reportagen gelesen sowie Filme gesehen und es war auch so ein Traum, so einen Überwinterungsort einmal selber zu sehen. Und in Kanada haben wir tatsächlich am 23. Mai in Nova-Scotia einen Monarchfalter gesehen. Und jetzt sehen wir sie im Süden, so genial.
Es sind etwa vier Bäume, wo wir die Monarch-Falter sehr gut sehen und fotografieren können. Wir haben das Stativ dabei, denn das Wetter ist zwar windstill, aber ziemlich bewölkt und damit dunkel. Mit unseren relativ langen Brennweiten ist es mit dem Stativ einfacher zu gestalten und die Kamera schön ruhig zu halten. Wir werden mehrmals angesprochen und man teilt uns mit, wo sich der beste Baum mit den meisten Schmetterlingen befindet. Für morgen ist schlechtes Wetter angesagt, viel Wind und Regen, ob sie deshalb jetzt schon so eng in Gruppen zusammensitzen? Es ist fast wie in einem Bienenstock, immer flattern ein paar umher, es ist nie ruhig.
Wir lesen, dass vor 25 Jahren hier in Pismo-Beach mehrere Millionen Monarch-Falter überwintertet hätten, heute seien es nur noch einige tausend. Als Grund für den dramatischen Rückgang werden die «üblichen» Verdächtigen aufgelistet: Klimaerwärmung, Insektizide sowie Fungizide der Landwirtschaft und das Verschwinden ihrer Eiablege-Pflanzen, einer Pflanze namens Wolfsmilch, da sind die Weibchen scheinbar sehr heikel. Daneben ist Wolfsmilch für die Monarch-Falter auch wichtig als Nektar-Lieferant.
Wir hören, dieses Jahr sei ein sehr gutes Jahr, so viele Schmetterlinge hätte man schon lange nicht mehr gesehen. Vielleicht fruchten ja die Schutzmassnahmen.
Wir übernachten auf einem State-Campingplatz, der gleich neben dem Schmetterlings-Park liegt. Es ist an der kalifornischen Küste nicht mehr so einfach, «frei» zu übernachten, deshalb haben wir eine Nacht auf dem State-Park gebucht. Man muss alles online machen, der ganze Prozess ist extrem benutzerunfreundlich und langwierig. Aber der Campingplatz ist super, der Aufwand lohnt sich. Es gibt einen schönen Sandstrand, auch dies eine Spielwiese, d.h. für Autos zugelassen. Einmal sehen wir den Sheriff durchfahren…
Am Abend grillieren wir seit langem wieder einmal, wunderschön.
In der Nacht beginnt es wie angekündigt zu regnen, ziemlich stark.
Evakuierungs-Meldungen
Am nächsten Morgen werden wir kurz nach halb 8 Uhr geweckt, ein Polizist steht an der Tür von Jupi. Er ist voll ausgerüstet in Tarnanzug, schusssicherer Weste, Schutzhelm und Maschinenpistole. Ob wohl eine Schiesserei im Ort stattgefunden hat?
Doch er erklärt, dass der Campingplatz möglicherweise evakuiert werden müsse, weil er zu überschwemmen drohe. Wir sollen uns schon mal langsam vorbereiten. Ok, denn eigentlich wollten wir jetzt gerade duschen, was wir auf später verschieben. Der Campingplatz hat die Nacht durch einige kleine Seen erhalten, auch zwei Bäume hat es umgeweht.
Plötzlich surren unsere Handys. Wir erhalten automatische Notfallwarnungen vom nationalen Wetterdienst der USA.
Wie es wohl den Schmetterlingen bei diesem Wetter geht? Der Park, wo die Monarch-Falter überwintern, ist heute gesperrt, wir können nicht rein. Aber das Zusammenrücken zu Ansammlungen (Cluster) soll sie vor Regen, Wind und Kälte schützen, so lesen wir.
Vandenberg Space Force Base
Unser nächstes Ziel ist die Vandenberg Space Force Base: Das ist sozusagen das Gegenstück zu Cape Canaveral resp. Kennedy Space Center in Florida, d.h. von hier aus starten auch Raketen ins Weltall, allerdings bis jetzt immer unbemannt, nur mit Satelliten. Und für heute Montagabend ist der Start einer Falcon 9 von SpaceX mit 51 Starlink-Satelliten angekündigt, allerdings ist das Wetter im Moment (noch) sehr schlecht, es regnet weiterhin in Strömen und windet recht stark.
Auf unserer Fahrt zur Vandenberg SFB ist die Strasse an mehreren Orten wegen Überschwemmungen gesperrt. Auch sehen wir immer wieder überflutete Felder und manchmal Hänge, die ins Rutschen kamen. Seit Tagen regnet es hier immer wieder, der Boden scheint komplett durchnässt zu sein.
Erster Startversuch
Es stürmt und regnet auch hier sehr stark, doch im Internet steht der Start immer noch auf grün, Go for Launch, um 20:18 soll es losgehen. Wir können uns nicht vorstellen, wie die Rakete bei diesem Wetter starten soll und vorallem auch, wie die erste Stufe dann auf der mobilen Plattform auf dem Meer landen soll, bei diesen vielen Wellen. Wir sind am Surf Beach, ganz in der Nähe der Startstelle. Das Wetter ist extrem ungemütlich. Es kommen zwar immer wieder Autos an und Leute steigen aus, doch niemand hält es länger als zwei Minuten aus.
Ca. drei Stunden vor dem geplanten Start kommt die Polizei und räumt den Platz, allerdings auf eine sehr freundliche Art. Einer kommt zu uns ans Fenster und entschuldigt sich fast: «Ich weiss, es tönt ziemlich schräg, aber die wollen tatsächlich starten bei diesem Wetter. Ich kann es mir auch nicht vorstellen, aber ich muss euch bitten den Platz nun zu verlassen». «Kein Problem», unsere Antwort. Darauf der Polizist: «Sweet», und geht mit einem Lächeln zum nächsten Fahrzeug.
Wir gehen zu einem Platz gleich ausserhalb der Sperrzone, es regnet immer noch in Strömen und windet immer noch stark. Ans Fotografieren ist bei diesem Wetter natürlich nicht zu denken. Ca. 45 Minuten vor dem Start kommt dann über das Internet die Meldung, dass der Start wegen dem schlechten Wetter auf den nächsten Abend verschoben wird.
Das Gebiet hier ist sehr hügelig und die Startrampe liegt inmitten von solchen Hügeln. Am nächsten Tag gelingen uns aus der Ferne ein paar Bilder von der Falcon 9 Rakete, wenn auch nur vom oberen Teil. Vorallem bei einem Sandstrand-Spaziergang entlang der Küste können wir sie immer mal wieder zwischen den Hügeln hervorschauen sehen. Es hat aber vom gestrigen Sturm immer noch sehr viele Wellen und sehr viel Gischt in der Luft, zusammen mit dem Gegenlicht schwierig zu fotografieren. Dafür fliegen plötzlich zwei Pelikane vorbei, auch nicht schlecht.
Wir gehen rechtzeitig an unseren Platz für die Startbeobachtung, bereiten alles vor.
Zweiter Startversuch – Fotografieren eines Nachtstarts einer Falcon 9 Rakete
Ich möchte eine Langzeitbelichtung machen, bei der die Rakete als Strich in den Himmel zieht. Die Kamera steht dazu natürlich fix auf einem Stativ. Die grossen Fragen sind jetzt: Brennweite, Belichtungszeit, Blende und ISO-Wert? Belichtungszeit ist die Dauer des Brennens der ersten Stufe, das sind gemäss Flugprofil 152 Sekunden, die Brennweite ergibt sich aus dem Winkel, wie die Rakete von uns weg steigt, gemäss Angaben aus dem Internet ca. 45 Grad, was dem vertikalen Bildwinkel entspricht und eine Brennweite von ca. 30mm ergäbe. Um etwas Reserve zu haben, stelle ich das Zoom auf 24 mm ein. Für Blende und ISO machen wir etwa 30 Minuten vor dem Start verschiedene Probeaufnahmen und ich lande schlussendlich bei ISO 200 und Blende 13, die Schärfe stelle ich natürlich im voraus schon manuell ein. Für die eigentliche Aufnahme habe ich genau einen Versuch, die Rakete startet ja nur einmal und dann erst in einigen Wochen wieder. Ob es klappen wird?
Doch dann, etwa 20 Minuten vor dem Start kommt die Meldung, dass es ein technisches Problem mit der zweiten Stufe gibt und der Start um vier Tage auf Samstagabend verschoben wird. Schade.
Später wird dann der Start auf Sonntagmorgen um 8 Uhr verschoben, d.h. kein Nachtstart mehr, oh je, sehr schade.
Dann wird der Start weiter verschoben, zuerst Dienstag der folgenden Woche, dann Mittwoch, dann Donnerstags. Es scheint ein grösseres Problem mit der zweiten Stufe zu geben, allein am Freitag, dem 13. Januar gibt es drei Verschiebungen…
Weiterfahrt
In der Umgebung von Vandenberg gibt es eigentlich nichts zu machen, zusätzlich ist der Wetterbericht für die nächsten Tage hier schlecht. Wir entschliessen uns deshalb nach dem zweiten Startabbruch weiter nordwärts nach San Simeon zu fahren, dort kann man See-Elefanten beobachten.
Unterwegs Richtung Norden sehen wir viele überschwemmte Gebiete, in den Medien haben wir vernommen, dass die Unwetter viele Strassen verschüttet haben und mehrere Leute dabei umgekommen sind. Auch in der Nähe des Aussichtspunktes zu den See-Elefanten wurde die der berühmte Highway 1 – Big Sur verschüttet. Uns ist im Moment nicht ganz klar, ob wir überhaupt bis dorthin kommen, aber wir versuchen es.
Wir kommen kurz vor dem Einnachten im State Park von San Simeon an. Leider sind zwei Drittel des Campingplatzes wegen den Unwettern gesperrt, nur etwa 30 Plätze sind noch zugänglich. Doch es hat noch genügend freie Stellflächen und wir finden ein gutes Plätzchen für Jupi, sogar mit Handy-Empfang.
Safari-Tag in San Simeon
Heute hatten wir einen richtigen Safari-Tag, unglaublich viele verschiedene Tiere haben wir gesehen: Truthahn-Geier, Buschhäher, Grundammer, Erdmännchen, Rehe, einen Kolibri, See-Elefanten inkl. Neugeborene, Pelikane, eine Hudson-Weihe und sogar Zebras, die hier jemand in einem riesigen Gehege hat.
Doch fangen wir von vorne an: Wir sind am Morgen sehr früh wach und entschliessen uns, den weitläufigen Camping-Platz etwas zu erkunden, insbesondere der Teil, der wegen Unwetter geschlossen ist. Es ist noch absolut ruhig und wir treffen auf verschiedenen Bäumen Truthahn-Geier an, die sich am Strecken, am Flügel trocknen und am Gefieder putzen sind. Mit der Zeit fliegt einer nach dem andern weg und wir sehen sie bald am Himmel kreisen.
Bei der Rückwanderung laufen uns zwei kleine Rehe vor den Füssen durch, aber wir sehen zum ersten mal seit langem auch wieder Erdhörnchen, die auf diesem Teil des Campingplatzes viele Löcher haben wo sie hausen. Dazu kommen noch verschiedene Singvögel, die wir erwischen, sogar ein paar Kolibris flitzen herum. Und dann sehen wir noch zwei schöne Fliegenpilze. Was für ein wunderbarer Auftakt in den Tag.
See-Elefanten bei den Piedras Blancas
Das Highlight dieser Region sind die See-Elefanten, die ihren Platz am Strand einige Kilometer nördlich von San Simeon haben.
Wir haben Glück, denn jetzt im Januar kommen die meisten See-Elefanten auf die Welt und wir sehen tatsächlich sehr viele ganz junge Tierchen, teilweise noch mit Nabelschnur. Wenn sie auf die Welt kommen wiegen die kleinen «nur» 30 kg. Sie werden dann einen Monat von der Mutter gesäugt und wiegen danach bereits 135 kg, die Mutter verliert während dieser Zeit 40% ihres Körbergewichtes, denn sie bleibt immer beim Jungen, geht nie ins Wasser zum Fressen. Nach diesem Monat ist allerdings Schluss mit Säugen, die Kleinen werden entwöhnt und müssen sich alleine durchschlagen und nach Futter suchen. Ein erwachsenes Männchen wiegt zwischen 1’600 und 2’300 kg, ein Weibchen etwas weniger.
Am Strand hat es diverse Freiwillge in blauen Jacken, welche die vielen Fragen der sehr vielen Zuschauer zu beantworten versuchen. Es gibt auch Faltblätter mit vielen Infos zum Leben der See-Elefanten.
Der Name dieses Strandabschnittes lautet Piedras Blancas, weil es zwei grosse Felsen gibt, die hier aus dem Meer schauen. Und auf denen ab Frühling Vögel nisten und die Felsen mit ihrem Kot weiss färben. Jetzt bestaunen wir daran vorallem die riesigen Brecher, die weisse «Farbe» erkennen wir aber auch.
Dahinter hat es einen Leuchtturm, der Zugang dazu ist aber gesperrt, nur mit Führung erlaubt.
Joshua Tree National Park
Da das Wetter an der Küste weiterhin regnerisch sein soll, fahren wir zum Joshua Tree National Park, der östlich von Los Angeles und damit etwas im Landesinnern liegt, allerdings mit 800 – 1’500 müM auch etwas höher und dementsprechend kühler. Uns interessiert aber vorallem, dass es nicht regnet.
Auf dem Weg dorthin durchqueren wir eine Ortschaft namens Lucerne Valley, das im Bezirk San Bernadino (San Bernadino County) liegt, tönt alles sehr nach Schweiz. Während in der Schweiz im Normalfall ein Bezirk aus einigen Gemeinden besteht und damit einige dutzend Quadratkilometer gross ist, ist das San Bernadino County über 52’000 km2 gross und damit grösser als die ganze Schweiz. Es ist aber auch der grösste Bezirk der Lower-48, d.h. der 48 Bundesstaaten des Kernlandes, also ohne Alaska und Hawaii.
Joshua Tree
Der Joshua-Baum sieht optisch wie ein Mix zwischen Palme und «normalem» Baum mit Ästen aus. Er liebt es eher kühl und ist deshalb nur in den höheren Lagen des Nationalparks vorhanden. Bezüglich Alter ist man sich nicht sicher: An vielen Orten steht, dass der Baum 150 Jahre alt wird, doch gemäss einer Aussage des Leiters des National Parks werden die meisten Bäume wohl 300 Jahre alt, es ist sogar möglich, dass einzelne Exemplare bis zu 900 Jahre alt sind.
Der viele Regen hat auch hier Spuren hinterlassen und so haben verschiedene Berge weisse Gipfel erhalten, was natürlich sehr fotogen aussieht.
Felsen im Nationalpark
Neben den einzigartigen Bäumen hat es aber auch viele Felsblöcke und Felsen, die aus dem Boden ragen, sie werden hier Boulder genannt. Von der Erosion sind sie schön rund abgeschliffen und einzelne haben ganz spezielle Formen wie z.Bsp. ein Totenschädel oder Brücken (Arches).
Am Sonntag hat es extrem viele Leute und es ist fast unmöglich, die Felsen ohne Leute zu fotografieren, dazu ist es auch bedeckt. Am Dienstag hat es zwar immer noch viele Touristen, doch wir sind früh unterwegs und können die gewünschten Bilder machen und jetzt mit blauem Himmel. Und da sehen wir auch immer wieder Kletterinnen und Kletterer, die auf diese rundlichen Felsen steigen.
Dark Sky Park – Nachtfotos
Der Joshua Tree Nationalpark ist auch ein Dark Sky Park, d.h. er verpflichtet sich in der Nacht kein Licht Richtung Himmel zu senden und auch sonst nur wenige Lampen einzusetzen. Er macht damit Werbung, einer der besten Plätze der USA für die Beobachtung des Nachthimmels und für Astronomie im Generellen zu sein. Wir müssen aber sagen, das ist Blödsinn und stimmt überhaupt nicht. Der Park selber tut wahrscheinlich schon alles, um dunkel zu sein, doch die umgebenden Gemeinden, vorallem in der wichtigen Südrichtung, produzieren so viel Lichtverschmutzung, dass es überall grosse Lichtkegel in den Himmel gibt. Wir haben versucht die Milchstrasse zu fotografieren, doch das Resultat überzeugte nicht. Die Wintermilchstrasse ist generell weniger hell und kontrastreich, als diejenige im Sommer und bräuchte daher einen ganz dunklen Himmel. Was gut funktioniert sind Strichspuren, da spielt die Lichtverschmutzung am Horizont nicht so eine grosse Rolle.
Der Chiricahua Nationalpark resp. Nationalmonument im Südosten von Arizona ist ein Vielfaches besser und dunkler. Und von den abgelegenen kanadischen Nationalparks wollen wir schon gar nicht sprechen. Der Joshua Tree Nationalpark ist aber gegen oben dunkler, als alle Orte in der Schweiz inkl. Alpen, das müssen wir neidlos eingestehen.
Vor dem Parkeingang gibt es eine Station mit einem grösseren Observatorium sowie einem kleinen Planetenweg. Hier wird die Position der Planeten zueinander und zur Sonne mindestens einmal in der Woche nachgestellt, das ist wohl einmalig. Regelmässig finden hier Veranstaltungen statt, im Moment allerdings noch im Covid-Sparmodus, d.h. leider nur einmal pro Monat.
Hier unsere drei besten Nachtaufnahmen, die wir während einer klaren und kalten Nacht gemacht haben:
Komet C/2022 E3 (ZTF)
Auf Ende Januar dieses Jahres gibt es wieder einen hellen Kometen. Südöstlich des Nationalparks haben wir einen guten Flecken gefunden, um diesen zu beobachten und in der zweiten Nacht auch zu fotografieren. Es ist wieder sehr kalt und vielleicht deshalb verschlafen wir in der zweiten Nacht, stehen erst um vier Uhr als wie geplant etwas vor drei Uhr auf…
Im Fernglas kann ich den Kometen gut erkennen, um in dann mit dem Fotoapparat zu treffen, braucht es einige Anläufe. Schlussendlich kann ich vor der Dämmerung noch 11 Aufnahmen à 10 Minuten machen. Um sechs Uhr packen wir wieder alles zusammen und legen uns nochmals für 2 Stunden zum Schlafen, es ist sehr ruhig und wir schlafen perfekt.
Im folgenden das Bild, das noch nicht perfekt ist. So sind z.Bsp. alle Sterne weiss, dabei gibt es einige die auch rötlich oder bläulich sind. In den nächsten Tagen muss ich noch mehr lernen, wie man Kometen-Bilder genau bearbeitet und dann gegen Ende Februar, wenn der Komet noch heller ist, noch einmal einige Aufnahmen machen. Wenn man genau schaut so sieht man, dass der Komet zwei Schweife hat.
Woher kommt dieser komischer Kometen-Name? Hier die Aufschlüsselung:
- C = kein periodischer Komet, d.h. er kommt nicht alle 12 Monate oder so vorbei
- 2022 = Entdeckungsjahr
- E = Entdeckungsmonat = März (ich weiss, ist irgendwie nicht logisch…)
- 3 = dritter Komet, der im März 2022 entdeckt wurde
- ZTF steht für Zwicky Transient Facility = Name des Teleskops, mit dem der Komet entdeckt wurde. Das Teleskop steht hier in Südkalifornien, nur etwa 140 km westlich von uns am Palomar Observatorium
Jupi und Defekte
Defektes Zahnrad an Midi-Hecki:
Seit einigen Tagen stimmt etwas mit dem Dachfenster nicht stimmt, resp. mit dem Öffnungsmechanismus: Es lässt sich nicht mehr so gut öffnen und schliessen wie sonst. Jetzt dreht sogar die Kurbel etwas durch, das hatten wir doch schon mal?
Genau, im Frühling 2021 kämpften wir bereits in Südfrankreich mit diesem Problem, die Kurbel drehte teilweise durch und das grosse hintere Dachfenster (Midi-Hecki von Dometic) liess sich nicht mehr richtig öffnen und schliessen. In Frankreich bekam ich keine Ersatzteile, erst nach der Rückkehr in die Schweiz, ca. im Mai. Dann bestellte ich gleich drei von diesen Alu-Zahnrädern.
Ich nehme deshalb das Dachfenster wieder einmal auseinander und auch jetzt: Beim Aluzahnrad fehlt ein Zahn vollständig und andere sind schon etwas runtergeraspelt. Das heisst wohl, dass so ein Zahnrad bei täglich mehrfachen Gebrauch rund 18 Monate hält. Guten haben wir Ersatz dabei, so ist das Problem schnell gelöst und das Midi-Hecki lässt sich jetzt wieder normal öffnen und schliessen.
Weiterfahrt
Jetzt geht es weiter Richtung Osten, wieder nach Arizona und dann über New Mexico nach Texas. Davon dann mehr im nächsten Bericht.
Unsere Route
Im folgenden unsere Route auf der Karte, die wir mit Jupi während dieses Bericht-Zeitraums gefahren sind. Jupi sendet alle 15 Minuten seine Position via Spot Satelliten-Tracker an uns, deshalb folgt die Route nicht genau der Strasse, sondern macht etwas «Abkürzungen».
Die aktuelle Position von Jupi, wie auch die gesamte Route unserer Nordamerika-Reise seit dem 26. Mai 2022, ist auf dieser Seite zu finden: https://www.jupi.bvision.ch/jupispot/
wauuu, ihr Lieben
Was ihr alles erlebt von blühenden Wüsten, Bäumen + Luft voller Monarchfalter, Wasserdurchfahrten/Überschwemmungen, Wüsten mit Sicht auf Schneeberge sowie Sternenhimmel.
Toll und weiterhin alles Gute!
Liebe Maria
Herzlichen Dank für deinen netten Kommentar.
Wir hoffen, bei eurer Planung läuft auch alles rund und ihr könnt auch bald so schöne Reisen mit eurem EX366 erleben.
Sonnige Grüsse aus Arizona
Reto
Neben all den tollen, informativen Reiseberichten inklusive den eindrücklichen Bildern ist es schön zu lesen, dass es noch weitere Fans von Hornblower hat. Diese Buchreihe habe ich in meiner Jugend verschlungen (aus der Bibliothek meines Vaters). Habe vor kurzem angefangen, die Bücher der Reihe nach wieder zu lesen und merke dabei, wie diese Geschichten nichts von ihrer Faszination verloren haben. Wünsche weiterhin eindrückliches Unterwegssein !
Hallo Andreas
Herzlichen Dank für deine Worte. Es freut mich natürlich besonders, dass unter meinen Leserinnen und Lesern (mindestens) ein Hornblower-Fan ist.
Sonnige Grüsse aus Arizona
Reto
Super interessant euer Reisebericht. Und wer wie wir auch einen EX366 hat sehr hilfreich für die Reisevorbereitungen. Ganz herzlichen Dank