Fastnet Race und zu Besuch auf einem Atom U-Boot

Wir haben die Bretagne verlassen und sind rund 400km nordwärts nach Cherbourg in die Normandie gefahren. Wir wussten seit einiger Zeit, dass hier die grösste Hochseeregatte der Welt, das Rolex Fastnet Race 2021 einlaufen würde und planten, diese Zielankunft zu besichtigen. Doch sahen und erlebten wir noch viel mehr, als wir eigentlich vorhatten.

Wir stehen auf einem offiziellen Gratis-Stellplatz der Stadt, mitten im Hafengebiet, direkt neben dem Zentrum; Wasser und Entsorgung ist alles gratis – ok, das Wasser fliesst etwas langsam und wegen der Zentrumsnähe ist es natürlich um 10 Uhr abends noch nicht wirklich ruhig. Trotzdem, für uns immer wieder unglaublich, wie Frankreich hier grosszügig zu den Campern ist – merci beaucoup.

Rolex Fastnet Race

Das Fastnet-Race ist vielen Seglern wegen dem tragischen Regatta-Verlauf von 1979 ein Begriff. Damals kenterten bei sehr schwerem Wetter 75 Yachten durch, also Mast nach unten und es ertranken dabei 15 Teilnehmer.

Das Fastnet Race wird alle zwei Jahre durchgeführt und startet jeweils in Cowes, Südengland, führt dann westwärts um den Leuchtturm auf dem Fastnet-Felsen im Süden von Irland und endet dieses Jahr zum ersten Mal in der Geschichte hier in Cherbourg, Frankreich.
Auch dieses Jahr waren die Verhältnisse sehr ruppig und von den über 300 gestarteten Segelyachten gaben rund 100 auf, teils wegen Schäden, teils wegen Verletzungen oder einfach weil die Bedingungen zu hart waren.

die Route des Fastnet-Race 2021
Entmastet: Die 12m-Regatta-Yacht vom ex-Skirennfahrer Ivica Kostelic

Die schnellsten Boote waren die riesigen Trimarane. Die ersten zwei kamen noch vor unserer Ankunft in Cherbourg an. Der schnellste Tri, der 32m lange und 23m breite «Maxi Edmond De Rothschild» brauchte dabei für die 695sm lange Strecke (ca. 1’250km) nur 1 Tag und 9 Stunden. Er erreichte dabei Spitzengeschwindigkeiten von über 40kn (ca. 75km/h), was enorm ist. Wir konnten das Rennen auf einer Tracker-App namens YB-Races live verfolgen, was absolut genial war, denn so wussten wir immer, wo genau welches Boot stand.

Wegen den strengen Covid Quarantäne-Bestimmungen hier in Frankreich konnten oder wollten viele Yachten nicht in den inneren Hafen einlaufen, sondern überquerten nur die Ziellinie und verliessen dann Cherbourg wieder. Kurz nach unserer Ankunft lief der drittplatzierte Tri «Sodebo Ultim 2» kurz vor Sonnenuntergang in den inneren Hafen ein, er hat die gleichen Abmessungen wie das Siegerboot. Kurz dahinter kam bereits das erste Einrumpfboot «Skorpios» (Skorpion), ein Gigant von 42.5m Länge, einer Masthöhe von 51,7m und einer Grosssegelfläche von 610m2, einfach unglaublich. Der Besitzer aus Russland hat die Yacht bei der bekannten Werft Nautor Swan in Finnland bauen lassen. Leider kam auch Skorpios nicht in den inneren Hafen, so dass wir nur den riesigen Mast mit dem Skorpion-Schwanz sahen, nicht aber den Rumpf.

Den folgenden Tag gingen wir dann mit den Velos etwas raus aus der Stadt um den Zieleinlauf auf dem Wasser verfolgen zu können. Cherbourg besitzt einen inneren Hafen, der etwa so gross ist wie der Silvaplanersee. Darum herum gibt es einen äusseren Hafen, ebenfalls durch Mauern vom Meer abgetrennt. Dieser äussere Hafen, die sogenannte Rade (Reede) von Cherbourg ist fast so gross wie der Murtensee und es gibt sogar einen Sandstrand wo man baden kann… Das Ziel des Fastnet-Race war die Hafeneinfahrt in diesen äusseren Hafen.
(wie immer: aufs Bild klicken, um es schärfer und grösser anzuschauen)

Am Hafen gab es ein Race-Village. Dieses durfte man nur mit dem französischen «Pass Sanitaire» oder den europäischen Pendants betreten. Wir zeigten unsere Schweizer Covid-Zertifikate auf unseren Smartphones, der QR-Code wurde gescannt und alles war i.O. Perfekt, merci BIT, merci BAG.
Hier konnten wir einige Yachten am Steg näher besichtigen, uns über die französische Marine informieren und natürlich gab es Essensstände oder Souvenirs zu kaufen…

Zu Besuch auf einem Atom U-Boot

Gleich neben unserem Stellplatz gibt es die «Cité de la Mer», die Stadt am Meer. Dies ist ein grosses Museum, wo es vorallem um die Dinge im Meer geht. Natürlich mussten wir auch hier unser Covid-Zertifikat zeigen, was erneut problemlos funktionierte.

Hier konnten wir das erste französische Atom U-Boot besuchen, die «Le Redoutable» (die Furchterregende). Für die Führung erhält man einen Audio-Guide und läuft dann selbstständig durch das Boot. Das ganze ist absolut genial gemacht, wir waren begeistert von der Informationsfülle, die der Audio-Guide bot.
Mit dem Bau des Bootes wurde 1964 begonnen, 1967 war der Stapellauf und 1971 die Inbetriebnahme. Nach 20 Jahren Betrieb, also 1991 wurde das U-Boot stillgelegt, die Sektion mit dem Atom-Reaktor rausgeschnitten und dort ein Leerteil eingefügt. Hier ein paar technische Daten:

  • Länge: 128.7m
  • Breite: 10.6m
  • Verdrängung: ca. 9’000t
  • Geschwindigkeit unter Wasser: 25kn (42km/h)
  • max. Tauchtiefe: 465m
  • Besatzung: 135 Personen
  • Leistung Atom-Reaktor: 150 MW
  • Bewaffnung: 16 Interkontinental Raketen mit Mehrfach-Atomsprengköpfen (sechs Stück pro Rakete)

Interessant war zu hören, das der Reaktor so viel Energie produziert, wie etwa eine Stadt mit 100’000 Einwohner benötigt und dass die Brennstäbe des Nuklearantriebes für mehrere Jahre reichen. Luft wird mittels Elektrolyse aus dem Meerwasser erzeugt, auch Frischwasser wird mittels einer Entsalzungsanlage aus dem Meerwasser gewonnen. Die Werkstatt soll rund 80’000 Ersatzteile vorrätig haben. Wie man da wohl genau weiss, was wo liegt?
Eine Fahrt dauert bis zu 70 Tage, dabei wird praktisch nie aufgetaucht, man bleibt (fast) immer unter Wasser. Die Crew weiss nicht, wohin das U-Boot unterwegs ist oder wo es sich gerade befindet.

Neben dem riesigen Atom U-Boot waren aber auch noch diverse zivile U-Boote ausgestellt. Natürlich wurde auch der Schweizer Jacques Piccard erwähnt, der mit seinem amerikanischen Kapitän am 23. Januar 1960 mit dem von seinem Vater August Piccard konstruiertem U-Boot «Trieste» eine Rekordtiefe von 10’916m erreichte. Diese wurde erst 2019 vom amerikanischen U-Boot «Limiting Factor» um 8m übertroffen, scheinbar gibt es keine tiefere Stelle in den Weltmeeren (Marianengraben im Pazifischen Ozean).

Mir hat vorallem ein kleines Ein-Personen U-Boot gefallen: Es wäre doch cool, dieses hinter Jupi herzuziehen und damit ab und zu auf Tauchfahrt zu gehen. Bettina meinte allerdings, sie möchte schon ein Zwei-Personen U-Boot…

Einpersonen U-Boot

Migration aus Europa weg

Daneben gibt es noch eine grosse Ausstellung über die Migrantenströme aus Europa heraus im 19. Jahrhundert und anfangs des 20. Jahrhunderts. In dieser Zeit konnte man noch «problemlos» auswandern. Die meisten damaligen Wirtschaftsflüchtlinge bestiegen dazu ein Schiff Richtung Amerika. Unter anderem war auch die Titanic für diese Migrantenströme gedacht und kam auf der Jungfernfahrt in Cherbourg vorbei, wo sie Passagiere und Fracht lud, bevor es weiter nach Irland und dann über den Atlantik ging. Schon damals war Zeit Geld und jeder wollte der Schnellste sein. Obwohl der Titanic-Besatzung die ungewöhnlich weit im Süden liegenden Eisfelder gemeldet wurden, nahm sie das Risiko in Kauf und steuerte dort durch, was dann in der bekannten Katastrophe endete. Am 14. April 1912 kollidierte die Titanic mit einem Eisberg und ging unter, 1’514 der über 2’200 Menschen an Bord starben.

Aquarium

Weiter gibt es noch ein grösseres und verschiedene kleinere Aquarien mit Fischen, Quallen, Krebsen und weiteren Wasserlebewesen mit den dazu gehörenden Erklärungen zu besichtigen. Auch dies fanden wir sehr eindrücklich.

Patrouille de France

Am Freitagabend zeigte die Patrouille de France mit ihren acht Alpha Jets ihr fliegerisches Können. Mit erstaunlich wenig Lärm dafür viel Rauch unterstrich sie ihre eindrücklichen Figuren, welche sie über dem äusseren Hafen zeigte. Gemäss Presse verfolgten über 30’000 Zuschauer das fantastische Spektakel.

Jetzt brauchen wir mal ein paar Tage Ruhe, um uns von all den Eindrücken etwas zu erholen.

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