Adieu Frankreich – buenos días Spanien

Was haben wir in diesen ersten vier Tagen in Spanien schon alles gesehen! Es ist für uns absolut überwältigend was uns dieses meistens als Mittelmeerbadestrand degradierte Land wieder bietet. Zuerst die grünen Pyrenäenhänge im Norden, dann die vielen Gänsegeier und diverse Felsbögen in der Nähe der Foz de Lumbier und jetzt noch die Wüstenlandschaft im Naturpark Bardenas Reales. Doch der Reihe nach:

Geniales Reiseland Frankreich

Seit Ende Januar dieses Jahres haben wir uns, mit einem Unterbruch von 6 Wochen, immer in Frankreich aufgehalten. Zuerst den Winter und Frühling über in der südwestlichen Mittelmeerregion und seit Juni der Atlantikküste entlang. Nun haben wir dieses für uns geniale Reiseland verlassen und sind über die nordwestlichen Pyrenäen nach Spanien eingereist. Genial ist Frankreich für uns deshalb, weil wir jederzeit innerhalb kürzester Zeit wieder in der Schweiz zurück wären, in Coronazeiten mit den Lockdowns wichtig, dann natürlich, weil wir die Sprache bestens verstehen und sprechen, aber auch weil das Essen resp. die Lebensmittelauswahl noch reichhaltiger ist als in der Schweiz und dabei ein tieferes Preisniveau besitzt und aus Campersicht weil es (verglichen mit der Schweiz) eine Fülle von Stellplätzen mit Ver- und Entsorgung gibt. Auch die korrekte Beseitigung von Abfall ist hier aus Campersicht einfacher umsetzbar, denn an vielen Orten gibt es die gelben, blauen und grüner Container, wo man die Abfälle getrennt reinwerfen kann. In der Schweiz ist das Entsorgen von PET-Plastik in Geschäften zwar einfach, aller andere Abfall für Camper aber wegen den lokalen Abfallsackgebühren schwierig bis fast unmöglich. Auch Glas kann man fast nur in Entsorgungshöfen entsorgen, wohin Camper normalerweise nicht kommen.

Bevor wir Frankreich verliessen, gab es allerdings noch einen kleinen Zwischenfall: Wir übernachteten von Freitag auf Samstag an einem schönen Plätzchen an einem Weiher in der Nähe von Estibeaux und gingen vor dem Z’Morge noch eine Runde Joggen. Wir hatten eine wunderschöne Morgenstimmung.

Morgenstimmung

Buchstäblich auf den letzten Metern meiner Joggingstrecke flog mir eine grosse Wespe ins Gesicht und stach mich in die Oberlippe. Diese sowie ein Teil des Gesichts schwollen dann ziemlich stark an, so dass ich aussah wie ein Zombie. Bilder davon will ich keine zeigen, dies ist schliesslich keine Horror-Seite… Auf jeden Fall lag ich dann bis am Abend ziemlich flach und hatte keine Lust zum Weiterreisen. Bettina nutzte diese Zeit und putzte unseren ganzen Camper innen – wenigstens eine positive Seite. Am Sonntag war ich wieder einigermassen fit, das Gesicht aber immer noch geschwollen. Zum guten Glück trägt man Maske… Noch Tage später spürte ich ein Ziehen meiner «gestrafften» Gesichtshaut, ob es sich so nach einer Botox-Spritze anfühlt?

Wir reisten über die N-135 südwärts Richtung Spanien. Die Grenze, ca. 60km vom Atlantik entfernt, bemerkten wir kaum, die Landschaft wurde immer hügeliger, war aber saftig grün. Obwohl auch hier die Strasse immer noch mit N-135 angeschrieben war, (N=Nationalstrasse), wurde sie überraschend eng. Wir fuhren über einen 1’000m hohen Pass und danach änderte sich das Landschaftsbild: Die Farbe grün kam immer seltener vor dafür umso mehr braun, hier schien es viel trockener zu sein. Die Aussentemperatur betrug nun konstant mehr als 30°C. Wir fuhren nach Lumbier, einer kleinen, etwas verschlafenen Ortschaft am Rande der spanischen Pyrenäen.
(wie immer: Bild anklicken, damit es grösser und schärfer wird)

Gänsegeier in der Foz de Lumbier

Schon seit Jahren haben wir vom Verlag MDMOT das Büchlein «Pisten-Truck Spanien Offroadstrecken». Wie der Name sagt beinhaltet es Offroadstrecken für Trucks, also grössere Fahrzeuge und nicht nur für Geländefahrzeuge wie Land Rover etc. Dazu gibt es eine Speicherkarte mit GPS-Tracks, die man auf das Navigationssystem laden kann, funktioniert problemlos mit LocusMap 4. Doch hier in Lumbier gab es für Jupi nichts zu tun, hier war die Schlucht von Lumbier (Foz de Lumbier) als Geierfelsen angegeben, was uns sehr interessierte. Ich recherchierte dazu im Internet und fand dadurch die Webseite und App Wikiloc (https://de.wikiloc.com). Dies ist sozusagen das Wikipedia der Routen, d.h. Wanderrouten, Velo-/Mountainbike-Routen aber auch Geländewagen-Routen und vieles mehr. Die Suche erfolgt mittels Disziplinen-Auswahl (Filter) und dann via Eingabe einer Ortschaft oder direkt auf der Karte. Nun werden einem die Startpunkte in Form von Disziplinen-Symbolen angezeigt und bei Klick auf ein solches Symbol die eigentliche Route. Was aus meiner Sicht sehr hilfreiche bei der Planung ist, dass die meisten Routen mit Bildern hinterlegt sind, so dass man sieht, was man etwa erwarten kann. Auch haben einige Routen Kommentare, so dass man erfahren kann, ob sie etwas taugt oder nicht, wo die Schwierigkeiten liegen etc. Auf jeden Fall habe ich aus all den Informationen eine 18km lange Strecke mit 825 Höhenmeter ausgewählt. Gratis runterladen konnte ich sie nur von der Webseite, mit der App scheint eine kostenpflichtige Version notwendig zu sein. Die Route mit dem Schwierigkeitsgrad moderat war nicht ganz ohne, hatte es doch drei Passagen wo man zwei oder drei Züge klettern musste. Aber die Mühe lohnte sich und wir sahen viele Geier und sogar einige Felsentore resp. Felsbogen (Arches), genial. Erst auf dem Rückweg unserer Rundwanderung durchliefen wir dann die eigentliche Schlucht, die rund 1.5km lang ist und durch die eine Zeitlang eine Eisenbahn führte, die Tunnels sind nun Wanderwege.

Wir starteten unsere Wanderung kurz nach 10 Uhr. Nach einem Aufstieg von etwa einem Kilometer waren wir bald über der Schlucht und sahen ganz in der Nähe vier Gänsegeier auf einer Felsnase sitzen. Wir waren die einzigen Leute hier oben, alle andern liefen unten durch die Schlucht. Die Geier liessen sich durch unsere Anwesenheit überhaupt nicht stören und wir hatten alle Zeit der Welt sie zu beobachten und zu fotografieren, absolut genial. Durch die Schlucht flogen immer wieder Geier unter uns hindurch. Da diese allerdings im Schatten lag mussten die Tiere hier noch kräftig mit den Flügeln schlagen. So weit im Westen steht die Sonne um 10 Uhr noch nicht sehr hoch, Thermik ist noch Mangelware.

Auf unserer weiteren Wanderung kamen wir immer höher, es wurde immer heisser und wir sahen immer mehr Geier kreisen, unglaublich. Was die hier wohl zu fressen finden oder ob sie gefüttert werden? Wir wissen es nicht. Neben Gänsegeier sahen wir noch einen der raren Schmutzgeier, der sich dadurch unterscheidet, dass er zum grossen Teil weiss ist.

Naturpark Bardenas Reales

Etwa 40km südlich von Lumbier befand sich unsere Schotterpiste. Rund 40km auf Kiesstrasse durch den Naturpark Bardenas Reales, keine grosse Sache, dazu braucht es keinen Allrad, so der Plan. Doch natürlich kam es anders, denn nach einigen Kilometern war die offizielle Strecke weggeschwemmt. Ein Einheimischer mit einem Pickup erklärte, dass es letzte Woche stark geregnet habe und hier die Strasse weggerissen worden sei. Auf die Frage, wo denn die Umleitung durchginge, zuckte er nur mit den Schultern und düste mit seinem Fahrzeug davon. Wir sahen ihn dann immer wieder auftauchen, wild herumkurven und einen Weg suchend. Nun, wir stellten unsere Alternativ-Route mit Hilfe von Locus Map zusammen, «nur» graue Strasse aber unser Mercedes Sprinter unter unserem Bimobil EX366 hat ja 4×4, also kein Problem. So kam Jupi doch noch zu etwas mehr Offroad.

Gemäss Internet handelt es sich beim Naturpark Bardenas Reales um eine Halbwüstenlandschaft deren Gelände aus Kreide- und Tongestein von sintflutartigen Regenschauern geformt wurde. Aha, starke Regenfälle scheinen hier also nichts ungewöhnliches zu sein. Es gibt grosse Ebenen und darin immer wieder bizarr geformte Berge mit schwach rot leuchtenden Ringen, total fotogen. Und dann gibt es ein Bächlein, das wohl bei Regenfällen massiv anschwillt und das einen recht ansehlichen Graben in den Boden gefressen hat, einen Mini-Canyon.

Leider war der Himmel aber sehr bewölkt, so dass alles etwas flach wirkte. Wir übernachteten deshalb an einem einsamen Plätzchen am Rande des Parks, standen am nächsten Tag vor Sonnenaufgang bei strahlend blauem Himmel auf und wollten nochmals durchfahren. Doch nun hatte die Parkverwaltung einen grossen Teil der Strasse wegen dem defekten Stück gesperrt, man konnte nur noch am Rande des Parks herumfahren. Dort hat es auch ein abgesperrtes Militärgelände, das als Flugzeugschiessplatz dient. Tagsüber kamen immer wieder spanische F/A-18 Jets und feuerten aus ihren Bordkanonen auf Ziele.

Jetzt hatte es bei dem schönem Wetter viel mehr Leute als tags zuvor, vor allem mit Velos und Wohnmobilen. Da hatten wir gestern ja grosses Glück gehabt, dass wir noch so problemlos durchfahren und Alternativrouten benutzen konnten. Es gab trotzdem noch eine Menge zu sehen und vor allem zu erwandern sowie auch mit der Drohne Perspektiven zu suchen. Wobei von oben sieht es nicht unbedingt besser aus, vorallem kommen mit den Mini-Sensor der Drohne die Farbnuancen nicht so gut zur Geltung.

Eine atemberaubend speziell schöne Gegend.

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